Die Zeit nach dem Öl

Es gibt viele Gründe, für diese Rampen zu sein. Man kann es pragmatisch begründen. Man kann eine solche Forderung aber auch in einen größeren Zusammenhang stellen.

 

Die Nutzbarmachung der Nordbrücke für alle Menschen, die sich aus eigener Kraft fortbewegen, könnte man als ein wichtiges Pilotprojekt betrachten, das in Sachen "zukunftsfähige Verkehrswege" ein Beispiel gibt:

 

Die Verkehrswege unserer Städte sind heute vollkommen auf das Auto und die Eisenbahn ausgerichtet - und damit auf Verkehrsmittel, die (direkt oder indirekt) massenhaft fossile Energieträger verbrauchen (Öl, Kohle, Gas). Das gilt auch für die 5 Rheinbrücken zwischen Mainz und seinen hessischen Nachbargemeinden - wie auch für das Hinterland dieser Brücken. Es sind zwar Fußgänger und Radfahrer hier und da mittels steilen Rampen und Treppen am Rande "mitbedacht" worden. Aber nur "geduldet" gewissermaßen. Ausnahme Theodor-Heuss-Brücke: Dort finden Menschen einen ausreichenden Platz. Gleichwohl ist auch diese Brücke offensichtlich hauptsächlich für den motorisierten Verkehr ausgelegt und an ihn angebunden worden. Ausdruck davon ist der gruselige Kasteler Kreisel - ein in Beton gegossenes Monument der "autogerechten Stadt" der 50er und 60er Jahre.

 

Übrigens: Rollstuhlfahrer können heute aus eigener Kraft nur eine der fünf Rheinbrücken nutzen! Ein Umstand, der so skandalös ist, dass man sich wundert, dass die betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht schon lange massiv rebellieren...

Dieses ist die Theodor-Heuss-Brücke. Die südliche Eisenbahnbrücke hat zwar eine Rampe aus den 50er Jahren, diese ist jedoch für viele Fahrradfahrer und erst recht für Rollstuhlfahrer viel zu steil. Siehe Beispiel

 

Diese Ausrichtung auf (Transport-)Maschinen statt Menschen kommt an ihr Ende. Das Ende der Ölvorkommen ist absehbar, und vorher werden die Preise insb. für Öl (-produkte) ins Unermessliche steigen. Elektroautos oder stromgetriebene Eisenbahnen sind keine echte Alternative für Verkehre der Zukunft, da auch sie im Verhältnis zum transportierten Gewicht und der Transportleistung zu viel Energie verbrauchen. Wenn der Atomausstieg sowie der aus Klimagründen notwendige Ausstieg aus der "fossilen Stromproduktion" stattfinden, wird Stromsparen ganz oben auf der Agenda stehen. Erinnern Sie sich noch an die Aufkleber "Ich bin Energiesparer!" aus den 80er Jahren?

 

Das, was als Gnadenakt für Spaziergänger am Rande von Auto- oder Eisenbahnpisten gedacht war, könnte bald zum zentralen Aspekt aller Verkehrswege werden: Sie müssen ausgerichtet sein auf Menschen, die sich aus eigener Kraft oder mit sehr geringem Fremdenergie-Verbrauch (Bsp. E-Fahrräder, E-Rollstühle) fortbewegen müssen oder wollen. Sie sollten ausgerichtet sein auf alle Menschen, denn eine "Verkehrs-Apartheid", die bestimmte Menschen ausschließt, ist nicht akzeptabel. Und politisch nicht durchzuhalten, wenn man bedenkt, dass die Zahl der alten, schwachen und gebrechlichen Menschen zunehmen wird.

 

Deswegen geht es darum, möglichst alle Wege unserer Region so zu gestalten, dass Menschen sie aus eigener Kraft bewältigen können. Barrierefreiheit für Alle! Diese Forderung fügt sich nahtlos ein in andere Initiativen wie "Transition Towns", die versuchen, die Menschen wie auch ihre regionale Wirtschaft wieder souverän zu machen, sie von ihrer Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern zu befreien. 

 

Da die Entfernungen in unserer Region meistens klein sind (ein durchschnittlicher Radfahrer braucht sogar zwischen den Innenstädten von Mainz und Wiesbaden nur 40 Minuten, die meisten Wege sind deutlich kürzer), sind die Menschen potenziell durchaus in der Lage, den Großteil ihrer Alltagswege aus eigener Kraft zurückzulegen. Auch wenn sie heute noch den Eindruck haben, von Mainz nach Wiesbaden käme man nur per Auto über Autobahnen.